Jakobus 5, 13-16

 

Liebe Gemeinde,

 

was macht für Sie der christlichen Glaube aus? Wie leben Sie Ihren Glauben?

Was hilft Ihnen an dieser lebendigen Beziehung zwischen Gott – Jesus und Ihnen dran zu bleiben? Ist es nur der sonntägliche Besuch im Gottesdienst? Oder ist da noch mehr?  Ich denke, jede und jeder von uns hat seinen Weg, wie er seinen christlichen Glauben lebt. Aber es gibt gewiß viele Gemeinsamkeiten.  Da gehört die Lektüre der Bibel dazu,  und natürlich das Feiern der verschiedenen Feste quer durch das Kirchenjahr.  Wir halten sicher auch die 10 Gebote und tun gute Werke. In unserem Predigttext aus dem Brief des Jakobus geht es um die Macht des Gebetes. Der Jakobusbrief ist wie ein Ratgeber für ein erfülltes Glaubensleben.

So lese ich Ihnen aus dem Kapitel 5, die Verse 13-16 nach der Übersetzung Hoffnung für Alle.

Die Macht des vertrauensvollen Gebets

13 Ist einer von euch bedrückt? Dann soll er beten. Ist einer fröhlich? Dann soll er ein Loblied singen. 14 Ist einer von euch krank? Dann rufe er die Ältesten der Gemeinde zu sich; sie sollen Gebete über ihn sprechen und ihn im Namen des Herrn mit Öl salben. 15 Das gläubige Gebet wird den Kranken retten und der Herr wird ihn aufrichten; wenn er Sünden begangen hat, werden sie ihm vergeben. 16 Darum bekennt einander eure Sünden und betet füreinander, damit ihr geheiligt werdet. Viel vermag das inständige Gebet eines Gerechten.

 

Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.

 

Eine klare Ansage, die Jakobus hier macht. Eigentlich bedarf diese Bibelstelle keinerlei Auslegung. Aber das Gebet ist in der Bibel, sowohl im Alten als auch im Neuen Testament eine essentielle Maßnahme, um den Kontakt zu Gott zu halten. Das Gespräch mit Gott ist eine Quelle der Erkenntnis. In vielen Bibelstellen gibt es Tipps zu Gebeten. Die Jünger Jesu stellen ihm auch mal die Frage: Wie sollen wir denn beten? Und Jesus gibt Ihnen das VaterUnser: das Gebet der weltweiten Christenheit.

 

Du sollst mit Deinem Gebet zu Gott kommen, wenn Du traurig und bedrückst bist. Auch wenn Du fröhlich bist. Wenn Du selbst nicht mehr beten kannst, dann sollen die Brüder und Schwestern für Dich beten. Und das Gebet der Gläubigen wird den Kranken helfen und retten.

 

Eine Woche vor der Kirchenvorstandswahl stelle ich die Frage: Sind die Menschen, die wir als die Ältesten der Gemeinde berufen, solche, die sich rufen lassen, um über kranke Menschen zu beten und sie zu salben? Bei allen Fähigkeiten, die Kirchenvorsteher haben sollen, gehört diese Fürsorge dazu.

 

Es wird viel gebetet. Rund jeder zweite in unserem Land, so der Gütersloher Religionsmonitor, betet, fast 30 % beten regelmäßig und davon viele täglich und, so eine andere Umfrage, die meisten vor allem für andere Freunde, Verwandte, für Eltern und Kinder und nicht zuletzt für Kranke. Das werden nicht nur Christen und Christinnen sein, dazu zählen Angehöriger anderer Konfessionen und anderer Religionen, aber es wird gebetet. Es wird gebetet an Krankenbetten, in Kindergärten und Sterbezimmern, in den Gebets- und Gästebüchern der großen Touristenkirchen, an Abendbrottischen, in Onlineforen und Universitätsgottesdiensten und noch vielen anderen Orten, von denen sich eine Kirche, die sich mitunter ganz gern vor dem Relevanzverlust des Glaubens in der Gegenwart gruselt, womöglich kaum etwas ahnt.

Es wird gebetet, trotz, und wohl immer auch mit den Hindernissen, die sich dagegen auftürmen. Es wird gebetet; Auch im Alltag: für das Essen auf dem Tisch, für eine gute Nacht, für die Bewahrung auf Autofahrten, für Gespräche, für Prüfungen  und scheinbar für Kleinigkeiten.

Ein Beutestück aus dem Fürbittenbuch vor der Kapelle eines deutschen Predigerseminars: „Für die Vikare und Vikarinnen die nächste Woche zweites Examens haben ...“ – Und darunter, andere Handschrift, anderer Stift „ ... und für die Prüfer auch.“

Ein Wahrnehmungsübung für die nächsten Tage:  Jeder und jede zweite, der oder die mir begegnet, betet, nicht jetzt vielleicht – aber wer weiß... Und die meisten von diesen Betern und Beterinnen, die da mit mir in der U-Bahn sitzen oder an der Kasse stehen betet regelmäßig für andere - noch bevor er für sich das Wort ergreift - und auch denen für die gebetet wird, begegne ich, sie mir und ich ihnen.

Nicht immer werden wohl bei diesen Gebeten Wunder erwartet – was immer man sich darunter vorstellt. Ich weiß, dass es manchmal Spontanheilungen gibt, Gesundung jenseits des Erwartbaren gibt – aber ich will Gott nicht an den Rand der Wirklichkeit drängen bevor ich bereit bin, mit ihm zu reden. Und er soll auch nicht über das Stöckchen der Naturgesetze hüpfen müssen, bevor ich mich locken lasse mit ihm zu rechnen.

Auch würde sich, nehme ich an, kaum einer von denen die beten, zu den Gerechten zählen, deren Gebet Jakobus für vielversprechend hält. Und wohl nur wenige Bittgebete sind so selbst-, so gottes- und so rettungsgewiss, wie es Jakobus zu verlangen scheint. Aber ich würde mich gelegentlich mit Jakobus gern über ein Gebet aus der Jesustradition unterhalten, aus der auch er seine Impulse schöpft.

Es steht im Markusevangelium, es ist eigentlich ein Schrei, es ist das ehrlichste Gebet, das ich kenne und Markus erzählt, es habe geholfen. Es heißt: „Ich glaube – hilf meinem Unglauben.“ (Mk 9,24).

Viele von denen für die Tag für Tag gebetet wird, werden davon wohl gar nichts wissen. Und ich für meinen Teil fände es auch eher unangenehm, wenn meine Ungemach, meine Krankheit oder die meiner Lieben so öffentlich ins Gebet genommen würden, wie dies in einer frühchristlichen Gemeindewirklichkeit vielleicht möglich war.

Und schließlich ahne ich, wie heilsam es ist, wenn es Gesten und Worte und Orte gibt, an denen Gesunde und Kranke, Ärzte und Angehörige aus dem stummen Slang der Diagnosen, der Dienst- und Therapiepläne herauskommen und Angehörige aus dem tauben Tapfersein.

 

Ich habe Ihnen eine Geschichte aus dem Alltag eines Pfarrers mitgebracht, die mir zu diesem Thema gut gefällt. Ich hoffe, Ihnen auch:

 

„Guten Tag Herr Pfarrer, es ist wieder soweit.…“ – Über fast fünf Jahre habe ich diesen Satz fast täglich gehört. Eine Frau, die ich nie gesehen habe und von der ich fast nichts, weiß ruft an und bittet, dass ich für sie bete. Sie ist psychisch krank und mehr noch, so sagt sie, als an der Krankheit, da leidet sie an den Medikamenten und ihren Nebenwirkungen. Auch, sagt sie, helfen die Medikamente oft nicht, nicht sofort, oder jedenfalls nicht allein …

„Es ist wieder so weit, ich hab’ wieder die Krämpfe, können sie für mich beten?“ – Das tat ich dann, direkt am Telefon mit wenigen fast immer gleichen Worten. Sie bedankte sich, hängte manchmal eigene Worte an und wir verabschiedeten uns und legten auf.

Nicht immer, wenn sie zwischen sechs und acht anrief, war mir nach beten zumute. Manchmal bat ich sie, später anzurufen oder versprach, zu einem späteren Zeitpunkt für Sie zu beten. Meist aber nahm ich mir die Zeit. Man merkte wie wichtig es für sie war.

Anfangs, hatte ich einmal gefragt: „Ja, hilft Ihnen das denn, wenn ich für Sie bete?“ Immerhin, dachte ich, muss sie ja jeden Tag wieder anrufen.

„Das wird dann besser“, antwortete sie, „nicht sofort aber bald.“ Und es klang als hätte ich eine sehr dumme Frage gestellt.  Einmal, es ist Samstagabend, ich sitze noch an der Predigt für Sonntag und habe einen ziemlichen Hänger, da ist sie wieder dran. Es geht ihr wohl besser als sonst, denn sie erzählte von sich, dies und das; und ich höre zu und starre dabei auf den blinkenden Cursor und auf den leeren Bildschirm. Plötzlich fragt sie: ‚Und Sie Herr Pfarrer, wie geht es ihnen?’ – Pause – „Äh, es geht so, ehrlich gesagt,“ antwortet ich, „ich hab Sonntag Gottesdienst und komm mit der Predigt nicht weiter.“ – „Da kann ich ja für Sie beten“ antwortet sie. Und das klang sehr ernst und ganz selbstverständlich.. „Gleich wenn ich auflege, mache ich das, ich bete für Sie“. – Da hatte sie also den Spieß umgedreht. Das fühlte sich komisch an – und schön. Als ich wieder an die Predigt ging, hatte ich übrigens nicht das Gefühl, es wäre irgendetwas anders geworden. Doch dann wurde es besser. Nicht sofort, aber bald.

„... deshalb betet füreinander, damit ihr geheilt werdet. Das Gebet des Gerechten vermag viel, wenn es ernst ist.“

 

Es ist leicht zu beten:

Du freust dich. Du ärgerst dich. Du empfindest. Du wirst wütend. Du langweilst Dich. Du liebst. Du haßt. Du bist empört. Du bist verletzt. Du bist stolz. Du bist selbstbewusst. Du bist schuldbewusst. Du schämst dich. Du vertraust. Du fürchtest dich. Du leidest. Du leidest mit. Du wirst mutig. Du berechnest. Du folgst deinem Herzen. Du widersprichst. Du lässt dich einschüchtern. Du verdrängst. Du kommst zur Sache.  Du bist aufgeregt. Du verachtest. Du begehrst. Du willst. Du willst etwas. Deine Seel brennt. Du bist stolz. Du platzt fast vor Freude. Du bist verliebt. Du liebst. Du sagst, was dir in den Kopf kommt. Damit ist beschrieben, was du beten kannst. Es ist ganz leicht.

 

 

So soll es sein. Und das heißt Amen

                                     

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.  Amen