Epheser 4, 22-32
Liebe Gemeinde,
Leider finden in unseren Gottesdiensten
zurzeit coronabedingt keine Taufen statt. Da fehlt der Gemeinde
etwas. Denn eigentlich ist es ja nicht eine Pfarrerin oder ein
Pfarrer, der Menschen tauft, sondern in der Taufe handelt die
Gemeinde, in deren Sinne getauft wird im Auftrag Jesus Christi.
Da ist es schade, dass Taufen sozusagen nebenbei und unter
Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden und nicht im
Gottesdienst der Gemeinde.
Die Taufe bleibt nicht nur der
entscheidende Moment im Leben eines Menschen, sondern auch im
Leben der Gemeinde ist es entscheidend, dass sie taufen darf. Sie
darf im Namen Gottes Menschen zu seiner Gemeinde hinzufügen und
immer neu erfahren, wie Gott Getaufte verändert. Und wir sind
beauftragt unsere Taufe zu leben.
Der Schreiber des Epheserbriefes versucht
seiner Gemeinde mitzuteilen, wie das aussehen kann:
22 Legt von euch ab den alten Menschen
mit seinem früheren Wandel, der sich durch trügerische
Begierden zugrunde richtet. 23 Erneuert euch aber in eurem
Geist und Sinn 24 und zieht den neuen Menschen an, der nach
Gott geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit. 25
Darum legt die Lüge ab und redet die Wahrheit, ein jeder mit
seinem Nächsten, weil wir untereinander Glieder sind. 26
Zürnt ihr, so sündigt nicht; lasst die Sonne nicht über eurem
Zorn untergehen 27 und gebt nicht Raum dem Teufel. 28
Wer gestohlen hat, der stehle nicht mehr, sondern arbeite und
schaffe mit eigenen Händen das nötige Gut, damit er dem
Bedürftigen abgeben kann. 29 Lasst kein faules Geschwätz
aus eurem Mund gehen, sondern redet, was gut ist, was erbaut und
was notwendig ist, damit es Gnade bringe denen, die es hören. 30
Und betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes, mit dem ihr
versiegelt seid für den Tag der Erlösung. 31 Alle
Bitterkeit und Grimm und Zorn und Geschrei und Lästerung seien
fern von euch samt aller Bosheit. 32 Seid aber untereinander
freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch
Gott euch vergeben hat in Christus.
Wäre dieser Schreiber doch ein bisschen
pädagogischer gebildet, dann hätte er vielleicht auf die vielen
Imperative verzichtet. So ärgern die mich und verhindern beinahe,
dass ich höre, was er mir eigentlich zu sagen hat.
Wenn ich aber hinhöre, dann würde ich
vielleicht hören, wie er erzählt von seinem Traum, wie die
Menschen in der Gemeinde immer weiter an ihrem Christ-Sein
arbeiten. Und ich würde hören, wie er mich einlädt, daran
teilzunehmen. Das vergessen wir manchmal, dass ein Imperativ auch
eine Einladung sein kann. Wenn ich zu einem Gast sage: Setz dich!,
ist das eben kein Befehl, sondern eine Einladung.
So lädt der Schreiber seine Leserinnen
und Leser ein. So lädt er auch uns ein. Wir dürfen ausprobieren,
was sich alles verändern kann, wenn wir nur immer wieder daran
denken, dass wir getauft sind, dass wir zur Gemeinde des Herrn
Jesus Christus gehören.
Der Hintergrund unseres Briefes an die
Gemeinde in Ephesus ist der, dass das Leben Christi schon eine
Weile zurückliegt und das auch der Apostel Paulus längst
Geschichte ist. Nun regiert der Alltag. Die Gemeinde wächst, es
geht ihr gut. Aber manche Gemeindeglieder spüren auch, dass das
Besondere, das, was die Gemeinde von Beginn an ausgezeichnet hat,
langsam blasser wird. Die Unterschiede zu anderen Religionen und
Gruppierungen werden immer undeutlicher. Hier will unser
Schreiber Mut machen, zu mehr Deutlichkeit.
Es geht im Kern darum, dass wir uns immer
wieder erinnern lassen, getauft zu sein. Und dass wir uns daran
erinnern lassen als Gemeinde. Wir taufen Menschen, meistens als
Kinder und wir übernehmen eine Verantwortung dafür, dass wir
sie begleiten, ihnen helfen zu lernen, dass Leben mehr ist als
Essen und Trinken.
Was das bedeutet, davon erzählt der
Epheserbrief in seinen einfachen Anweisungen, die so
selbstverständlich klingen, dass wir die Herausforderung nicht
unbedingt sofort sehen können.
Keine Lüge, keinen Zorn, keinen
Diebstahl, das klingt doch alles nett und ist gleichzeitig eine
dicke Herausforderung.
Ich muss nur meinen Alltag beobachten,
wie oft ich aufbrause, zornig werde, wie leicht ich wichtige
Termine vorgebe, anstatt zu sagen ich mag nicht. Wenn
ich ehrlich mit mir selber bin, sind auch die leichtesten
Herausforderungen manchmal zu viel für meine schwache Moral. Ich
gebe Versuchungen in meinem Alltag manchmal allzu
leicht nach und manchmal bemerke ich das nicht einmal.
Darum lädt mich der Epheserbrief immer
neu dazu ein, mein Verhalten auf den Prüfstand zu stellen, mich
selber zu überprüfen: Inwiefern passt mein Verhalten noch
zu meinen Standards oder dienen diese Standards nur dazu, andere
zu beurteilen und gegebenenfalls zu verurteilen? Bin ich
vielleicht auch dort wo die EmpfängerInnen dieses Briefes sind.
Es läuft doch egal wie.
Ein Vers hat mir in unserem
Gesamtzusammenhang besonders gut gefallen, weil er besonders gut
ausdrückt, was für mich heute besonders wichtig sein könnte:
29 Lasst kein faules Geschwätz aus eurem
Mund gehen, sondern redet, was gut ist, was erbaut und was
notwendig ist, damit es Gnade bringe denen, die es hören.
Drastisch spricht der Autor mich an:
Öfter mal die Klappe halten!
Und ich spüre, wie oft ich rede, ohne zu
wissen, wie oft ich Gerüchte verbreite oder Vorurteile, wie oft
ich über Menschen rede, statt mit ihnen.
Natürlich erlebe ich das immer wieder,
dass Menschen sich nichts mehr zu sagen haben, wenn sie aufhören
über Andere schlecht zu reden. Aber vielleicht liegt hier genau
ein Lernfeld für uns gemeinsam als Gemeinde der Getauften. Dass
wir lernen, miteinander zu reden und zu handeln, nicht um
Menschen zu verletzen, nicht um uns selber große zu machen,
sondern um Gemeinschaft zu bauen, die niemanden ausgrenzt.
Ich bin getauft, das heißt Gott hat sich
zu mir bekannt und ich will dieses Ja zu Gott, dass die
PatInnen bei meiner Taufe stellvertretend gesprochen haben,
täglich wiederholen. Dazu reicht es nicht, dieses Ja zu sprechen,
sondern es muss auch mit diesem Ja gelebt werden. Meine Taten,
mein Reden und Schweigen, mein Handeln und mein nichts tun,
müssen standhalten vor dem Anspruch meines Gewissens, das mir
sagt, was richtig ist und was falsch.
Wer weiß schon ganz genau, wie sich
unser Leben verändern würde, wenn wir alles tun, dass unsere
Worte nützen und niemandem schaden. Wenn ich darauf achte, dass
ich niemanden kränke, sei er nun anwesend oder zufällig nicht.
Vielleicht könnten wir eine ganz neue Lebensqualität gewinnen,
wenn wir damit anfangen, gut zu reden über unsere Mitmenschen,
auch über die, die uns nicht so sympathisch sind. Unser Reden
über Andere kann auch uns verändern, wenn es uns hilft, das
Gute in allen Menschen zu sehen.
Lasst die Sonne nicht über eurem Zorn
untergehen Das bedeutet doch, dass wir vergebungsbereit
sein sollen. So wir es auch im Vater Unser beten. Und vergib uns
unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Wenn wir
die Vergebung annehmen und wenn wir anderen Menschen vergeben,
dann wir es uns gelingen, befreit zu leben und Jesus nachzufolgen.
Daran möchte ich arbeiten. Und das wünsche ich mir für unsere
Gemeinde.
So spreche ich Amen So soll es sein.