1.Petrus 1, 18-21
Ihr wisst, dass ihr nicht mit
vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von eurem nichtigen
Wandel nach der Väter Weise, sondern mit dem teuren Blut
Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes. Er ist
zwar zuvor ausersehen, ehe der Welt Grund gelegt war, aber
offenbart am Ende der Zeiten um euretwillen, die ihr durch
ihn glaubt an Gott, der ihn von den Toten auferweckt und ihm die
Herrlichkeit gegeben hat, sodass ihr Glauben und Hoffnung zu Gott
habt.
Liebe Gemeinde,
Erlöst seid Ihr! Freigekauft.
Eine neue Zukunft. Ein neues Leben. Allein durch Jesus Christus.
So sagt das der Apostel. Nur, wie geht denn das?
Geld macht nicht glücklich.
So heißt es in einem sehr bekannten Sprichwort, das ich
zugegebenermaßen nicht besonders schätze. Ich traue ihm nicht.
Vielmehr halte ich es für eine Verteidigungsrede der Reichen. Es
ist leicht zu sagen und auszusprechen, wenn ich viel Geld habe.
Es ist aber schwierig und falsch, wenn ich tagtäglich um das
materielle Überleben kämpfe und versuche, meine Kinder durch
die Schule zu bringen, sie ordentlich zu kleiden oder zu
ernähren. Sich dabei die Freude am Leben zu erhalten, ist ein
schwieriges Unterfangen.
Sehr viel näher war mir in diesem
Zusammenhang schon immer die Ehrlichkeit der Comicfigur Dagobert
Duck. Das ist der steinreiche Onkel Donald Ducks. Er besitzt
mehrere Phantastillionen Taler. Oder einfacher ausgedrückt drei
Kubikhektar Geld. Er hortet es in einem Geldspeicher. Dort
schwimmt er wortwörtlich darin. Er lässt es über seinen Kopf
rieseln oder gräbt sich wie ein Maulwurf in es hinein. Das Geld
ist ihm so vertraut, dass er sich sogar von einem Sprungturm aus
hineinstürzen kann, ohne sich an den harten Münzen den Kopf zu
stoßen. Der Reichtum und seine Person sind eins. Geld ist das
einzige, das er zum Leben braucht. Sonst nichts. Sein ein
und alles.
Dieser reiche Onkel Dagobert sieht mit
großer Abschätzigkeit auf seinen vom Pech verfolgten Neffen
Donald. Der hat es nie zu irgendeinem Reichtum gebracht. Donald
sucht stattdessen ständig nach seinem Auskommen. Hier ein Job
und da eine Arbeit. Manchmal sind es auch zwei oder drei
gleichzeitig. Die alten Geschichten spiegeln in bedrückender
Weise die Lebensrealität unserer heutigen Zeit. In Deutschland
haben heute etwa 3,2 Millionen Menschen mehrere Jobs, weil einer
allein zum Leben nicht reicht.
Das eine oder andere Mal geht Donald auch
beim geizigen Onkel betteln. Schließlich hat der ja genug.
Geschätzt hat der reiche Dagobert das nicht besonders. Denn von
seinem Reichtum wollte er nichts abgeben. Dagoberts Lieblingslied
war, wenn ich mich richtig erinnere:
[Singen] Gold und Silber lieb ich sehr. /
Kann's auch gut gebrauchen, / Hätt' ich doch ein ganzes Meer, /
Mich hinein zu tauchen / 's braucht nicht grad geprägt zu sein,
/ Hab's auch so ganz gerne, / Sei's des Mondes Silberschein, /
Sei's das Gold der Sterne, / Sei's des Mondes Silberschein, / Sei's
das Gold der Sterne.
So war und ist das nicht nur in
Entenhausen. Nein, so sind wir Menschen.
Diese netten und zugleich sehr weisen
Geschichten aus der Entenhausener Comicwelt haben einen ernsten
Hintergrund.
Die Kinderarmut nimmt immer stärker zu.
Die sozial Schwachen werden immer mehr. Hartz 4 ist in aller
Munde. Ich denke, jeder von Ihnen kennt Beispiele für Menschen,
die mit wenig oder sehr wenig Geld durch ihr Leben müssen.
Ein geregeltes Einkommen kann diese
Menschen auf jeden Fall glücklicher machen. Es kann ihnen ein
kleines Stück ihrer Freiheit und ihrer Würde wieder geben. Sie
könnten sich selbst herauskaufen aus ihrem Elend, in dem
sie gefangen sind und bleiben. Denn bezahlt werden muss in dieser
Welt, damit das Leben bleiben kann. So haben wir sie gebaut. So
halten wir sie auch fest und tun alles, um die Maschinerie am
Laufen zu halten. Wer das nicht kann, verliert: Auskommen,
Achtung, Freiheit und Würde. Letztlich verliert der Mensch das
Leben, ganz und gar.
Der nichtige Wandel nach der Väter
Weise, nennt das der Apostel im Petrusbrief. Das Leben wird
nicht geachtet und geschätzt. Das Werk unseres Gottes aber wird
zutiefst missachtet. Das gilt übrigens nicht nur in unserem Land,
sondern ebenso in den meisten Anderen . Es ist hier nur viel
besser versteckt und tritt bestenfalls zutage, wenn sich wie in
Essen dieser Tage die Ärmsten der Armen, Deutsche und Migranten,
um ein Stück Brot mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum
streiten.
Das Lied, das die Armen dieser Welt
anstimmen, ist kein solch ein fröhliches, wie es der reiche
Onkel aus Entenhausen singt und in das ich so gern einstimme. Es
hat den gleichen Text. Aber leider eine andere, eine düstere
Melodie. Dieses Lied wird ein trauriges. Angestimmt von einem
Chor, der weltweit immer größer wird. Gold und Silber lieb ich
sehr. / Kanns auch gut gebrauchen
Ich frage noch einmal: Geld macht nicht
glücklich? Und ich antworte: Doch. Ob gerecht oder nicht.
In der Welt macht Geld glücklich. Es ist das Lebenselixier
unserer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ordnung. Aus der
Ungerechtigkeit dieser Ordnung aber können wir uns nicht
befreien und erlösen. Jedenfalls nicht mit Gold und Silber.
Deswegen setzt Gott ein anderes Zeichen.
Der Apostel greift nun auf den menschlichen Erfahrungsschatz und
die menschliche Realität zurück und überführt sie in Gottes
Welt und Handeln, damit wir das verstehen und nachvollziehen, was
da geschieht. So nimmt er ein Wort, das Martin Luther mit ihr
seid erlöst übersetzt hat. Dieses Wort aber lautet im
Griechischen Original lytroomai und heißt in seiner
ursprünglichen Bedeutung etwas gegen ein Lösegeld
freikaufen. Die Erlösung der Menschen ist also eigentlich
ein Handel. Gott macht ein Geschäft. Dieses Geschäft heißt:
Ich gebe etwas, damit ihr die Freiheit und das Leben erlangt,
damit ihr glücklich seid in Würde und Achtung für das Leben.
Gott spricht: Ich kaufe Euch los aus dem nichtigen Wandel der
Väter. Gott aber profitiert selbst davon.
Gottes Währung nämlich ist weder Euro
noch Dollar, und auch kein Taler. Gottes Währung ist sein
eigenes Leben. Es geht an seine Existenz, weil er vom ersten
Schritt unserer Mütter und Väter sein Leben an das der Menschen
geknüpft hat. Er tat das, ehe der Welt Grund gelegt war.
War er es denn nicht, der uns mit so
großer Kunst aus Erde geformt hat? Doch er war es! Keiner
sonst. Gott hat uns das Leben geschenkt und uns frei in seinen
Garten gesetzt. Er hat uns begabt mit allem, was wir können,
damit wir dem Leben der gesamten Schöpfung dienen, ihm und den
Menschen verbunden bleiben.
Es folgt das erste Paradoxon dieser
Geschichte. Denn die von Gott geschenkte Freiheit führt auf
direktem Weg in die Gefangenschaft. Der Mensch ist nicht in der
Lage, seine Gier nach Leben und damit sein Besitzstreben zu
zäumen. Im Zweifel entscheidet sich der Mensch für sich selbst,
für seine eigene Macht. Ich kann alles. Ich will alles. Ich
mache alles. In den ethischen Debatten unserer Zeit spielt genau
das immer wieder eine Rolle. Und die Geschichte lehrt, dass die
Menschen immer alles tun, was möglich ist.
Wunderbar aufgenommen und illustriert ist
das schon in der Sündenfall-Geschichte, die ja nicht zufällig
jedes Jahr wieder am Beginn der Passionszeit steht. Die Frucht
des Baumes ist verlockend und schön. Eva muss das besitzen. Adam
muss das besitzen.
Ein Gegensatz tut sich auf zwischen Gott
und Mensch, zwischen seiner Heiligkeit und meiner Freiheit. Der
Riss ist tief. Gottes Blick auf das ganze Leben, auf Bedürfnis
und Not, steht gegen den Blick des Einzelnen auf sich. Da ist
kein Zusammenkommen.
Solange der Mensch von Gold und Silber
singt, ist die Tür zum Garten des Paradieses geschlossen. Er hat
sich gleichsam selbst hinausgestellt. Ihr könnt nicht Gott
und dem Mammon dienen, spricht Jesus Christus. Kein
menschlicher Handel, kein menschliches Handeln kann das Tor
wieder öffnen. So bleiben wir draußen vor der Tür und singen
weiter unser Lied. Die Freiheit des Menschen führt in die
Begrenzung und die Abhängigkeit der Erfordernisse dieser Welt.
Gott aber wäre nicht Gott, hielte er
nicht an seinem Lebenswillen fest. Gott wäre nicht Gott,
änderte er nun seinen Blick auf die Welt. Gott wäre nicht Gott,
zöge er sich nun zurück auf sein Altenteil und ließe uns
Menschen hier machen.
Und so kommt es zum zweiten großen
Paradoxon dieser Geschichte: Gott lässt sich auf den Menschen so
ein, dass er die Läufe der Welt annimmt, wie sie sind, und dabei
doch Gott bleibt. Er macht einen Handel. Gott dealt um unsere
Zukunft. Die nämlich soll sicher sein.
Sein Ziel ist klar. Das Tor zum Garten
des Paradieses soll offen stehen, damit wir vom Baum des Lebens
kosten und in Ewigkeit mit ihm vereint werden.
Gott tut das, indem er selbst Mensch wird.
Jesus Christus. Er ist Gott ganz und gar und geht so an die
äußerste Grenze seiner Existenz. Als er im Garten Gethsemane um
sein eigenes Leben bettelt, das schon unter den Herrscher- und
Machtgelüsten der Menschen zerbricht, ist diese Grenze erreicht.
Gott wird so sehr Mensch, dass er in einem kleinen Augenblick
seiner Existenz nur noch sich selbst sieht. Lass diesen
Kelch an mir vorübergehen!, spricht er.
Genau in diesem Moment aber vollzieht
sich der Deal, der Handel, der uns, Gott und Mensch, wieder
zusammenbringt. In der Selbstaufgabe Gottes sind wir vereint. So
sagt der Apostel: Gold und Silber dienen euch nicht. Sondern ihr
seid ausgelöst mit dem heiligen und teuren Blut, mit Zittern,
Zagen und Verzweiflung Gottes. Ihr seid wahrlich teuer erkauft.
Im Garten Gethsemane wird das Paradies neu gepflanzt und
hergerichtet.
Ein ungeheuerlicher Vorgang und ein neues
Leben.
Darin aber entsteht auch eine große
Verpflichtung. Denn wenn Gott nun den Graben überwindet, weitet
sich mit ihm an meiner Seite mein Blick wieder auf das Leben der
gesamten Schöpfung und das Leben aller Menschen. Wir sind wieder
Teil des Paradieses und hören den alten Auftrag: Bebaue
und bewahre! Der hat sich nicht geändert, sondern bleibt
in dieser Welt, bis Gott uns ruft und sein Geschenk an uns
vollendet.
Es ist ein Kunststück der eigenen Art,
dieses Geschenk Gottes anzunehmen und es schon in dieser Welt zu
pflegen, den alten Gelüsten des Besitzes und der Macht zu
entsagen. Denn der alte Wandel der Väter lässt mich ja nicht so
einfach los. Aber es geht. Schritt für Schritt.
Dass wir gerettet sind und von Gott in
ein neues Leben gestellt sind, eine neue Kreatur, sagt uns der
Glaube. Deswegen hoffen wir auf die bleibende Versöhnung und das
gemeinschaftliche Leben bei ihm. Aus diesem Glauben und dieser
Hoffnung aber leben wir bis dahin dafür, dass diese Welt ein
besserer Ort wird.
Dann übrigens ändert sich auch unser
Lied. Wir singen nicht mehr von Gold und Silber, sondern
schwärmen und loben den Gott, der unser Leben neu schafft und
uns das Paradies uns öffnet:
Du schöner Lebensbaum des Paradieses,
gütiger Jesus, Gottes Lamm auf Erden, du bist der wahre Retter
unseres Lebens, unser Befreier.
So gehen wir also diesen Weg der
Versöhnung und des Lebens Gottes. Allein ihm zur Ehre und im
Dienst für die Menschen. Amen. Und das heißt: So soll es ein.