2.Korinther 1,3-7 (wird während
der Predigt gelesen)
Liebe Gemeinde!
Geboren 1987,
Kunstturner, Schauspieler, Akrobat, Buchautor. Seit einem Unfall
im Dezember 2010 vom Hals abwärts gelähmt, kann er sich kaum
bewegen Samuel Koch.
Millionen Menschen
sahen, wie er bei Wetten, dass? verunglückte. Heute
sagt er: Ich kann wieder beten: Dein Wille geschehe.
Auch
wenn der vielleicht ganz anders aussieht als meiner.[1]
Geboren
vermutlich um das Jahr 5, Zeltmacher, Christenverfolger,
Missionar, Briefeschreiber Paulus von Tarsus. Nach einem
Vorfall blind geworden, später wieder geheilt. Seine Gefährten
waren dabei, hörten eine Stimme, sahen aber niemanden. Paulus
schreibt:
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn
Jesus Christus,
der Vater der Barmherzigkeit und Gott
allen Trostes,
der uns tröstet in aller unserer
Trübsal,
damit wir auch trösten können, die in
allerlei Trübsal sind,
mit dem Trost,
mit dem wir selber getröstet werden von Gott.
Denn wie die Leiden Christi reichlich
über uns kommen,
so werden wir auch reichlich getröstet
durch Christus.
Haben wir aber Trübsal, so geschieht es
euch zu Trost und Heil.
Haben wir Trost, so geschieht es zu eurem
Trost,
der sich wirksam erweist,
wenn ihr mit Geduld dieselben Leiden
ertragt, die auch wir leiden.
Und unsre Hoffnung steht fest für euch,
weil wir wissen:
wie ihr an den Leiden teilhabt,
so werdet ihr
auch am Trost teilhaben.
Samuel Koch und
Paulus von Tarsus haben etwas gemeinsam. Etwas, was sie
vermutlich mit vielen Menschen auf der Welt verbindet: Ihr Leben
ist aus den Fugen geraten. Sie haben eine Katastrophe erlebt, und
anschließend ist nichts mehr, wie es war:
Ein Mensch stirbt,
Leben wird beschädigt, eine Liebe zerbricht, Schaffenskraft
nimmt ab, Lebensmut geht verloren, ich muss mich von
Lebensträumen verabschieden.
Was tröstet?
Was hilft, um mit dem
Leben, mit der Situation zurecht zu kommen? Der eine möchte
reden, der andere nicht.
Der eine braucht
Gesellschaft, der andere möchte gerne allein sein. Die eine
braucht Bewegung, die andere verkriecht sich in ihrem Bett.
Die eine schreit und
heult und klagt, die andere wird ganz still.
Die warme Decke am
Unfallort kann genauso trösten wie das warme Mittagessen für
den trauernden Nachbarhaushalt.
Es gibt nicht die
eine richtige Methode des Tröstens.
Aber
wichtig und zentral ist die Beziehung.
Für Paulus ist sein
größter Trost und seine größte Hoffnung seine Beziehung zu
Christus. Durch sein Leiden fühlt Paulus sich Christus nahe; und
das tröstet ihn und schenkt ihm Hoffnung:
Denn wie die
Leiden Christi reichlich über uns kommen,
so werden wir auch
reichlich getröstet durch Christus.
Paulus
sieht in der Hölle schon den Himmel, in der Sünde die Gnade, im
Tod das Leben. So findet er im Leiden Trost.
Das kann ich ihm
glauben oder auch nicht.
Paulus beschreibt es
so. Er hat es so erlebt. Es gibt keine Beweise.
Aber es gibt
glaubwürdige Zeugen.
Paulus ist für mich
so ein glaubwürdiger Zeuge.
Und
Samuel Koch. Er antwortet auf die Frage, ob er mit Gott wegen des
Unfalls gehadert habe: Ich habe mich gefragt, was Gott mir
mit diesem Unfall sagen will. Ich glaube eher nicht, dass es sein
Plan ist, mich im Rollstuhl sitzen zu lassen. Aber es ist gerade
der Glaube, der mir hilft, die Hoffnung weiterzutragen.
Was tröstet dich in
deinem Leben?
Was tröstet dich in
deinem Sterben?
Diese Frage wird
vermutlich jeder und jede von uns anders beantworten.
Geteiltes Leid
ist halbes Leid ist eine Lebenserfahrung.
Wenn ich in meinem Leid
nicht allein bin, nicht allein gelassen bin, tröstet das. Im
Zentrum steht die Beziehung. Eine gute Freundin, ein guter Freund
nimmt mich in den Arm, hört sich immer und immer wieder an, was
aus mir heraussprudelt, oder ist einfach nur da. Das tut gut.
Paulus erlebt Gott
als seinen Freund. Er hat ihn nicht, wie wir Freunde haben. Er
begegnet ihm. Im Gebet, im Lesen der heiligen Schriften, im
Teilen von Brot und Wein, in der Gemeinschaft mit Menschen. So
kehrt Gott bei ihm ein und lässt Paulus seine Nähe und Liebe
spüren. Dieses Gespür für Gottes Gegenwart nennen wir Glauben.
Wie alles, wofür man ein Gespür braucht, ist auch der Glaube
geschenkt, nicht gemacht und nicht machbar.
Die Freundschaft des
Paulus zu Christus ist keine für´s Auge. Er sieht ihn nicht, er
glaubt ihn. So ist Christus für Paulus da. Und Paulus erfährt
sich selbst als einen, der im Leid reichlich getröstet
ist.
Christus ist da, um
Menschen zu trösten.
Er
kehrt bei Zachäus ein, mit dem niemand etwas zu tun haben will.
Die Geschichte Jesu mit dem Zöllner Zachäus fängt mit dem
Sehnen an. Der Zöllner will Jesus sehen. Darum steigt er auf den
Baum. Und Jesus schaut zu ihm hinauf, zu ihm, auf den die anderen
immer nur herabschauen. Jesus zeigt damit gleich zu Beginn der
Begegnung, dass er Zachäus ganz akzeptiert. So angesehen von ihm
kann der Zöllner, der sich auch sonst verstiegen hatte,
herabkommen auf den Boden des Lebens. Manchmal reicht also die
Sehnsucht aus, und Jesus schaut mich an.
Christus ist da, um
Menschen zu trösten.
Er
kehrt bei den Jüngern ein, die traurig und unglücklich auf dem
Weg nach Emmaus sind. Jesus geht mit den Jüngern. Aber sie
wissen es nicht. Er ist ihnen ganz nahe, aber sie glauben ihn
fern und verloren. Sie sahen nur die irdischen Zusammenhänge
oder eher: Zusammenhanglosigkeiten. Sie sahen das Viele, aber
nicht mehr das Eine, oder besser: den Einen, der allem Sinn gibt.
Das gibt es also, dass Jesus mit mir auf dem Weg ist, ohne dass
ich es weiß. Das gibt es, dass er mir nahe ist, obwohl ich ihn
fern glaube. Das gibt es, dass er mich begleitet, obwohl mein Weg
in die Finsternis zu führen scheint und nur noch ein Ende, aber
kein Ziel mehr hat.
Christus ist da, um
Menschen zu trösten.
Das kann sehr
verschieden aussehen. Es hat etwas mit Vertrauen zu tun. Lasse
ich mich auf diesen Jesus ein? Lasse ich ihn bei mir einkehren?
Höre ich? Sehe ich? Suche ich ihn dort, wo er versprochen hat,
sich finden zu lassen? In Gebet und Meditation, in seinem Wort
und Mahl, in der Gemeinschaft mit anderen?
Ja, es gibt auch eine
Trostlosigkeit. Und diese Trostlosigkeit ist wie eine Lücke, die
unausgefüllt bleibt. Es nutzt nichts zu behaupten, der Glaube
oder Gott füllen diese Lücke aus. Das tun sie nicht. Jesus
selbst spürt die Lücke ohne Trost am Kreuz und schreit es
hinaus: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Die größte
Trostlosigkeit ist die Gottlosigkeit.
Aber selbst an
trostlosen Orten lässt Gott sich finden. Der trostloseste Ort
ist Golgata. Hier hängt der Tröster selbst am Kreuz. Und auch
hier tröstet er den, der ihm vertraut. Der eine Verbrecher
bittet um Rettung vom Kreuz, um weiterleben zu können. Der
andere bittet um Rettung angesichts des Todes und bezeugt damit,
dass das Reich Jesu nicht von dieser Welt ist. Diesem, der seine
Hoffnung und Zuversicht auf ihn setzt, verspricht Jesus:
Wahrlich,
ich sage dir: Heute wirst du mit mir im Paradies sein.
und tröstet ihn so.
Das Kind in der
Krippe, der predigende Rabbi in Palästina, der sterbende Mann am
Kreuz, der Auferstandene, der den Tod überwindet und unsere
Erlösung bringt diese Geschichten gehören zusammen,
beschreiben einen Bogen:
Gott lässt uns nicht
allein in der Dunkelheit und Trostlosigkeit.
Er ist da. Deshalb:
Gelobt sei Gott,
der Vater unseres
Herrn Jesus Christus,
der Vater der
Barmherzigkeit und Gott allen Trostes,
der uns tröstet
in aller unserer Trübsal
Amen.