Johannes 16,23b-28(29-32)33

(wird während der Predigt gelesen)


Liebe Gemeinde,
was auch immer Sie heute für Sommergedanken haben, schon den nächsten Feiertag oder gar die Pfingstferien im Blick haben – wir sind liturgisch noch in der Osterzeit. Die Menschen, die diesen Sonntagen in der Osterzeit Namen und Themen gegeben haben, wollten damit die Osterbotschaft näher ausleuchten:  Was bedeutet es für mein Leben, dass Christus auferstanden ist? Was ist „neu“ geworden für mich? Wie verändert es mich und mein Leben? Es gibt Grund zum singen, jubeln, beten – das ist die Botschaft der Osterzeit. Kantate – Jubilate – Rogate, fast wie ein Gottesdienst.

Unser heutiger Sonntag hat den Namen „Rogate“ – betet!
Beten – das ist ein großes, wichtiges und fast grenzenloses Thema. Deshalb ist es gut, hinzuhören, was uns das Predigtwort zu diesem Thema sagt. Und wie gesagt – im Licht von Ostern, im Lichte der Auferstehung. Wir hören die Schlussworte aus der Abschiedsrede Jesu an seine Jünger. Ich lese aus dem Evangelium des Johannes, Kapitel 16:

Jesus sprach zu seinen Jüngern:
"Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er's euch geben. Bisher habt ihr um nichts gebeten in meinem Namen. Bittet, so werdet ihr nehmen, dass eure Freude vollkommen sei. Das habe ich euch in Bildern gesagt. Es kommt die Zeit, dass ich nicht mehr in Bildern mit euch reden werde, sondern euch frei heraus verkündigen von meinem Vater. An jenem Tage werdet ihr bitten in meinem Namen. Und ich sage euch nicht, dass ich den Vater für euch bitten will; denn er selbst, der Vater, hat euch lieb, weil ihr mich liebt und glaubt, dass ich von Gott ausgegangen bin. Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen;
ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater." Das habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt.  In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden."


Beten im Namen Jesu – das soll heute unser Schwerpunkt sein.
Wir beten im Namen Jesu – weil wir von ihm gerufen sind.
Wir beten im Namen Jesu – weil wir mit ihm eins sind.
Wir beten im Namen Jesu – weil wir bei ihm geborgen sind.
Wir beten im Namen Jesu – weil wir von ihm beten gelernt haben.
Erst vorhin beim Gebet hieß es „durch Jesus Christus, unseren Herrn“. Viele unserer Gebete enden so.
Unser Beten in der Beziehung zu Jesus hat ein neues Vorzeichen. Wir beten als Christen nämlich so, dass wir uns auf Christus berufen. Er ist unser Fürsprecher. Er wird bei Gott für uns vorstellig. Wenn wir beten, dann bürgt er für uns. Wir beten also nicht auf eigene Faust, im Alleingang oder auf eigenes Risiko. Wenn wir als Christen zu Gott kommen – dann in Jesu Namen. Bisher – sagt Jesus zu seinen Jüngern – habt ihr um nichts gebeten in meinem Namen. Aber jetzt – und hier wird der enge Bezug zu Ostern wichtig – jetzt beten wir zu Gott immer in Berufung auf Jesus. Und wegen ihm sind auch wir bei Gott willkommen. Unsere kurze Formel „im Namen Jesu“ beinhaltet also sehr viel.
Wir stehen sozusagen mitten im Liebesbereich von Vater und Sohn. Wie der Vater Jesus hört, so hört er uns.
Und diesem Beten im Name Jesu ist Erhörung zugesagt: Bittet, so werdet ihr nehmen, dass eure Freude vollkommen sei.  Das ist die Verheißung, die Jesus gibt.
Oft wird ein Gebet so verstanden: Wir beten, wir wünschen – und Gott erfüllt. Wir denken, Gott ist dazu da, unseren Weltlauf zu ölen oder zu reparieren. Oder für unser Wohlergehen zu sorgen, so wie wir es uns vorstellen.
Die vollkommene Freude, sagt Jesus zu seinen Jüngern, haben wir „in Christus“, in der Beziehung zu ihm. Diese Freude kann nicht gestört, verletzt oder vergällt werden. Das ist eine andere Logik, als wir sie haben.  Wir denken: Gott erhört nicht mein Gebet, weil er mir nicht gibt, was ich mir wünsche.
Gottes Logik ist: Ich erhöre dich immer, weil du immer mit deinem Beten an mein Ohr dringst, und ich gebe dir immer im Namen Jesu. Und da, wo Jesus hinkommt, da ist die vollkommene Freude.
Nicht so einfach zu verstehen, wenn wir uns ein bestimmtes Ereignis oder eine bestimmte Gabe wünschen – und Gott will zuerst und vor allem vollkommene Freude schenken.
Martin Luther drückte es so aus: „Es ist eine große Wohltat Gottes, dass er uns nicht gibt, was wir uns alles wünschen.“ Was wir wirklich brauchen für unser Leben und unser Heil, weiß allein Gott.

Wie heißt es auch: Gott erfüllt nicht alle unsere Gebete, aber all seinen Verheißungen.
Wir beten im Namen Jesu – und sind dabei eins mit ihm. Denn Jesus ist nicht außerhalb von uns.
Er lebt in uns. In seinen Abschiedsreden hat er das seinen Jüngern so erklärt:
Bisher konnte ich nur in Bildern zu euch sprechen. Wenn ihr aber den Geist empfangen habt, dann kann ich anders zu euch sprechen. Dann werdet ihr mich innerlich verstehen.

Vielleicht können wir es uns so vorstellen, dass wir als Empfänger des Geistes Gottes gewissermaßen im Stromkreis der himmlischen Welt stehen. So kriegen wir auch eine Ahnung von den Geheimnissen Gottes. Wer in diesem Stromkreis der himmlischen Wirklichkeit steht, ist ganz unmittelbar mit Gott verbunden. Und das können Sie und ich, wir als Christen erfahren, erleben und dafür danken.
Wir sind eins mit Jesus und er ist eins mit uns, da er im Geist mit seiner Gemeinde verbunden ist.
Wir sind „in ihm“, so wie er „in uns“ ist.

Wenn Christus also vor dem Vater erscheint, bringt er uns alle mit. Und wenn wir mit Gott als unserem Vater reden, tun wir es immer „in Christus“, nicht ohne ihn und nicht an ihm vorbei. Sein Beten und unser Beten werden eins.

Das habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst;
aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.

Das sagt Jesus am Ende seiner Abschiedsworte seinen Jüngern. Als Glaubende haben wir einen Frieden. Wir haben einen Gott, einen Herrn, der in uns lebt. Diesen Frieden, diesen Herrn kann uns nichts und niemand rauben – das ist die Zusage Jesu.

Aber dieses Wissen ist auch angefochten. Denn noch leben wir im Hier und Jetzt. “In der Welt”, wie die Bibel sagt. Wir sind Bürger zweier Welten. Und deshalb gibt es auch bei uns Angst, Sorge, Anfechtung. Doch in Christus und durch seinen Sieg ist uns etwas mitgegeben, das wir nicht verlieren können. Unsere himmlische Zukunft, unser ewiger Friede und unsere ewige Freude. Angefochten kann alles werden. Doch: die Angst wird eines Tages enden – die Freude aber nicht.

Heute, am Sonntag Rogate, in der österlichen Zeit, können wir uns einfach darüber freuen, dass schon lange vor unseren Gedanken, Wünschen und Worten Jesus in uns lebt und in uns betet.
Und so kann Beten auch etwas ganz Passives sein, nämlich: zulassen, dass Jesus in mir lebt und wirkt. Mich freuen, dass er Raum in mir und in der Welt bekommt. Jetzt, in der österlichen Zeit, und weit darüber hinaus.
Amen.

Unser Gott im Himmel,
wir danken Dir, dass Du uns in Jesus nahe gekommen bist.
Wir danken Dir, dass wir durch Jesus zu dir reden können, bei dir Gehör finden.
Wir danken Dir, dass wir durch Jesu Tod und seine Auferstehung ganz nah mit dir verbunden sind.
Wir bitten dich, schenke uns immer wieder die Freude daran, dass du in uns lebst und wir deinen Frieden haben.
In Jesu Namen.
Amen.